Hintergründe

Während die ehemalige Synagoge von 1951 bis 1969 als Textilfabrik und Lagerhalle zweckentfremdet war, wurde sie schließlich durch die Stadt Schlüchtern angemietet.

Seit 1994 ist das Kulturkino KuKi in der Synagoge beheimatet und gibt dem Gebäude einen Teil seiner Würde zurück (Eröffnung des Kinos mit „Schindlers Liste“). Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff bezeichnet das Kino bei einer Werkschau als  „Schönstes Kino in Hessen“.

Das hat 15 Jahre lang problemlos funktioniert. Die Stadt mietet das Gebäude vom  Besitzer, der EKA Kleiderfabrik, und vermietet es zum moderaten Mietpreis an den gemeinnützigen Trägerverein unter.

Dann plötzlich, im Jahre 2008 beginnt die Stadt, sich zusehends aus der finanziellen Verantwortung zurückzuziehen.

Sie hat in das denkmalgeschützte Gebäude seit Jahren kaum noch investiert, so dass die Bausubstanz stark gelitten hat. Nun treten auch Brandschutzprobleme zutage. Die vom Verein angezeigten Mängel werden durch die Stadt nicht beseitigt.

Der Trägerverein KUKI e.V. beantragt Mittel der Filmförderanstalt in Berlin (FFA) und der Hessischen Filmförderung, um unter anderem auch einige dieser Mängel im Rahmen der Einrichtung einer Kino-Lounge im EG der Synagoge zu beseitigen.

Obwohl das durch Bund und Land ausgezeichnete Kultur- und Programmkino KUKI mit der Stadt einen Untermietvertrag mit Laufzeit bis Ende 2014 geschlossen hat und die Räumlichkeiten in der ehemaligen Synagoge „als Kinosäle“ angemietet sind,  wird der gemeinnützige Verein aus dem Gebäude kalt ausgesperrt.

Der Besitzer des Gebäudes argumentiert nach 15 Jahren plötzlich mit „Ruhebedürfnis“ und fordert ein nur noch 3-tägiges Kinoprogramm, bzw. den vollständigen Auszug des Kinos.

Die Fraktionsvorsitzende der örtlichen SPD begründet in der Öffentlichkeit das „Nein“ zum Kulturkino mit „dicken Kindern“: „Mir sind Kinder die Sport treiben lieber als solche, die ins Kino gehen, Popkorn essen und dick werden.“

Der Bürgermeister (SPD) antwortet auf eine Sympathiekampagne der Bürger der Region zum Erhalt des Kinos mit dem Slogan „Ich liebe dieses KUKI“ mit einem eigenen Aufkleber „Ich liebe meine Frau“. Er erntet heftiges Kopfschütteln der Bürger.

In der Folge argumentiert der Bürgermeister, er sei machtlos, dem Verein die vertragsmäßig von der Stadt zugesicherten Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, da der Besitzer kein Kulturkino mehr haben wolle.

Die Stadtverordneten können sich trotz mehrfacher klarer Bekenntnisse zum Erhalt des Kulturkinos nicht entschließen, das auch für die Historie der Stadt wichtige Gebäude vom Besitzer EKA Kleiderfabrik zum geforderten Kaufpreis von 300.000,- Euro anzukaufen. 150.000,- Euro sollen der Stadt im Fall des Kaufs des auch stadthistorisch prägenden Gebäudes als Fördermittel zur Sanierung der Bausubstanz aus Mitteln der EU und des Landes Hessen zufließen.

Im Frühjahr 2009 wird daraufhin ein Nutzungskonzept für die Synagoge und eine Kooperationsvereinbarung zwischen Stadt und KUKI-Verein ausgearbeitet, die vom Magistrat der Stadt auf der Stadtverordnetenversammlung am 28.6.2010 zusammen mit einer Kaufempfehlung des Gebäudes zur Abstimmung vorgelegt werden. Die SPD-Fraktion stimmt auf dieser Sitzung geschlossen gegen den Ankauf des Gebäudes durch die Stadt und gegen die Kooperationsvereinbarung mit dem KUKI-Verein. FDP, Grüne, BISS und die Hälfte der CDU-Parlamentarier stimmen für den Ankauf und eine Kooperation der Stadt mit dem KUKI. Einige CDU-Parlamentarier enthalten sich. Der Antrag hat damit keine Mehrheit. Auf derselben Sitzung wird mit den Stimmen der gesamten SPD-Fraktion und einer Stimme der CDU-Fraktion für 1 Millionen Euro die Errichtung eines neuen Dorfgemeinschaftshauses mit integriertem Feuerwehr-Gerätehaus-Neubau im 300-Seelen-Dorf Kressenbach verabschiedet. Am Geld allein scheint es also nicht zu liegen.

Zwei Tage nach der denkwürdigen Stadtverordnetenversammlung am 30.6.2010  läuft der Hauptmietvertrag zwischen Stadt Schlüchtern und dem Eigentümer der Synagoge, EKA-Kleiderfabrik, aus. Das Untermietverhältnis zwischen Stadt und KUKI-Verein ist nicht an diesen Hauptmietvertrag gekoppelt und läuft weiter bis zum Ende des Jahres 2014.

Die Stadt räumt am 30. 6. 2010 ohne vorherige Ankündigung die dem Verein zur Nutzung überlassenen Büromöbel aus der Synagoge, die darin enthaltenen Akten und Dokumente des Vereins werden einfach auf den Boden geworfen. Der Verein KUKI räumt ebenfalls einige Sachen aus dem Gebäude, die er u.a. für seine mobilen Open-Air-Veranstaltungen benötigt. Er gibt die Räumlichkeiten jedoch nicht auf. In der Synagoge befinden sich weiterhin u.a. die dem Verein gehörenden Projektoren, die Leinwand, Mobiliar des Vereins etc.

Am 1.7.2010 lässt der Bürgermeister durch städtische Bedienstete die Schlösser auswechseln und handelt damit in verbotener Eigenmacht. Dem Kulturverein KUKI ist somit der Zutritt zu seinem Besitz nicht mehr möglich.

Der Bürgermeister stellt zudem Strafanzeige und erklärt, der Verein, mit dem die Stadt 15 Jahre lang eng zusammengearbeitet hat, habe einige ihm von der Stadt zur Nutzung überlassene Gegenstände wie die Stühle (die durch den Verein mitfinanziert waren) aus dem Gebäude geräumt. Eine vorherige Kontaktaufnahme mit dem Verein, um die Sache in einem gemeinsamen Gespräch zu klären, wird vom Bürgermeister nicht erwogen. In der Strafanzeige werden durch den Bürgermeister Gerätschaften als entwendet gemeldet, die sich im 100%igen Vereinseigentum des KUKI befinden oder noch in der Synagoge sind.

Mitglieder des Magistrats der Stadt Schlüchtern fordern vom Bürgermeister öffentlich die Rücknahme der Anzeige. Dieser bleibt bei seinem harten Kurs gegen das Kulturkino.

Der Verein ist zu diesem Zeitpunkt personell stark gefordert. Er führt die angekündigte jährliche Sommer-Open-Air-Kino Reihe „KUKI ON TOUR – KINO AN BESONDEREN ORTEN“ ab Anfang Juli bis Ende August 2010 in der Region durch. Gleichzeitig steht er in der unfreiwilligen Auseinandersetzung mit der Stadt um den Erhalt des Kinos.

Der „Bundesverband Kommunale Filmarbeit“ sowie der Dachverband der Programm- und Arthauskinos, die „AG KINO – Gilde der Filmkunsttheater“ protestieren energisch und nachdrücklich gegen die Zerschlagung des KUKI-Filmtheaters.

Der Verein beauftragt ein Rechtsanwaltsbüro, um die Wiedereinräumung des Besitzes zu erlangen.

Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff meldet sich am 8.8.2010 aus New York und protestiert gegen die Zwangsräumung des KUKI. Er erklärt, stolz darauf zu sein, dass es in seiner Heimat Hessen ein solches Kino gibt, sowie einen solchen Verein von Filmfreunden und ein solch sachkundiges Publikum. Schlöndorff hatte das Kino anlässlich einer Werkschau mit seinen Filmen kennen- und lieben gelernt. Er mahnt: „Es ist leicht etwas abzuwickeln, das über Jahre entstanden ist. Es ist fast unmöglich, es je wieder entstehen zu lassen. Die Gemeinde sollte sich eher Hilfe aus Bund und Land holen als diesen einmaligen Ort der Kultur aufzugeben.“

Das KUKI-KINO leistet als Arthauskino im Umkreis von über 70 km die filmkulturelle Grundversorgung. Auch im 30 km entfernten Fulda gibt es kein Filmkunsttheater mit vergleichbarem Programm.  Die Zerschlagung würde einen bedeutsamen Kahlschlag in der Hessischen Kinolandschaft bedeuten.

In der gesamten Region gibt es eine starke Sympathiewelle der Bürger für ihr KUKI-KINO.

Der Bürgermeister lässt dagegen den im Besitz des Vereins befindlichen Kino-Schaukasten vor dem Rathaus demontieren sowie den Kino-Schaukasten vor der ehemaligen Synagoge absägen. Er erklärt am 17. August über sein Rechtsanwaltsbüro, dass er an einer einvernehmlichen Regelung nicht mehr mitwirke, da sich die Öffentlichkeit und Presse während der Verhandlungen eingeschaltet habe.